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Brunner, Johann Caspar (1813–1886)

 

* 13.8.1813 Erlenbach, 19.5.1886 Niederlenz; Heimatort: Erlenbach, Lenzburg (ab 1849).

Fabrikant und Schriftsteller

 

 
 

Johann Caspar Brunner

 
Johann Caspar Brunner wurde als Sohn des Mechanikers Hans Kaspar Brunner-Bebié geboren. Die Familie nannte man in Erlenbach über Generationen "des Ammanns". Im sechsten Altersjahr verlor er seine Mutter und 1825 wurde er Vollwaise. Den grössten Teil seiner Kindheit verbrachte er in Turgi. Hier musste er als Kind in der Spinnerei Bebié arbeiten. Bis zu seinem 17. Altersjahr hatte er kaum eine Schulbildung genossen. 1837 kam er nach Lenzburg, wo er mit seinem langjährigen Associé Furter ein Tuchwarengeschäft und eine Zwirnerei gründete. 1839 eröffnete er mit zwei Arbeitern in der sogenannten unteren Fabrik in Niederlenz eine Baumwollstoffweberei. Der Betrieb entwickelte sich gut; bald wurden hier hundert Arbeiter beschäftigt, in der Zweigfabrik in Waldshut nochmals hundert.
In seinen Betrieben beschäftigte er keine Kinder und keine Mütter. Als 1852 im Aargau über ein Fabrikpolizeigesetz beraten wurde, ersuchte ihn der Regierungsrat Augustin Keller um seine Stellungnahme. Brunner befürwortete ein solches und regte an, die Arbeitszeit auf 12 Std. zu beschränken und ein Verbot zur Beschäftigung von Schulkindern in den Fabriken auszusprechen.
1857 wurde er zum ersten Präsident der neu gegründeten Aabachgesellschaft gewählt. In verschiedenen Veröffentlichungen, unter anderen in der Zeitschrift "Conkordia", verlangte er ein Verbot der Kinderarbeit, eine Schulbildung für alle Kinder und er sprach sich gegen die Beschäftigung von verheirateten Frauen in Fabriken aus.  Daneben war er für ein Koalitionsrecht der Arbeiterschaft, er war also dafür, dass sich Arbeiter in Gewerkschaften organisierten. Sein Ansehen war gross und man kannte ihn über die Landesgrenzen hinaus. Bei der Beratung zum ersten schweizerischen Fabrikgesetz wurde er als Vertreter der Fabrikanten in die Expertenkommission berufen.

Caspar Brunner heiratete 3-mal: 1835 Maria Stelzer, mit der er drei Kinder hatte, 1845 Emilie Häusler und 1862 Franziska Bonaventina Elster geb. Lang (1814–1880).

Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne Gottfried und Adolf Brunner die Fabrik in Niederlenz und führten diese in seinem Sinne weiter, indem sie unter anderem für die Arbeiter ein Wohlfahrtshaus errichten liessen. Die Krisenzeit der 1890er-Jahre führte dann aber zum Zusammenbruch des Geschäftes.

 

 
 

Untere Fabrik und Brunners Wohnhaus um 1850

 
Schriften:

Johann Caspar Brunner: "Die Licht- und Schattenseiten der Industrie". Aarau 1869.

Johann Caspar Brunner: "Der kleine Wegweiser durchs Leben für Fabrikarbeiter". Aarau 1872.

Johann Caspar Brunner: "Der Krieg gegen den Krieg. Auch eine christliche Zeitstimme". Aarau 1874.

Johann Caspar Brunner: "Ansichten über den bundesrätlichen Gesetzesentwurf betreffend die Arbeit in den Fabriken". Aarau 1876.

Johann Caspar Brunner: "Schutzzoll und Freihandel". Aarau 1880.

 

 
 

Untere Fabrik 1875

 

Quelle und Schrift:

Nachruf J.C. Brunner. In: Aargauisches Wochenblatt, 29.5.1886.

Ferdinand Buomberger: "Soziale Gedanken eines schweizerischen Arbeitgebers vor 40 Jahren". Zürich 1913.

Karl Schenkel: "Niederlenz – Vom Werden und Wachsen einer aargauischen Industriegemeinde". Staufberg 1944.

Fridolin Schuler: "Erinnerungen eines Siebenzigjährigen". Frauenfeld 1903.

Hermann Muggler: "Brunner, Johann Caspar". In: "Biographisches Lexikon des Kt. Aargau 1803–1957". Argovia Bd. 68-69. Aarau 1958.
Kurt Badertscher: "Leinenweber am Aabach: 250 Jahre Geschichte eines aargauischen Industriestandorts". Baden 2004.

Ernst Guggisberg: "Der Fabrikant Johann Caspar Brunner im Spannungsfeld der kantonal und eidgenössischen Fabrikgesetzgebung. " In: Argovia, Bd. 119, Aarau 2007.

Marcel Klöppli: "Protestantische Unternehmer in der Schweiz des 19. Jahrhunderts". Zürich 2012.

 

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